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MOORE BG&P ACCOUNTING NEWSLETTER #1

Auswirkungen von COVID-19 auf Jahres- und Konzernabschlüsse

Der Ausbruch von COVID-19 Anfang 2020 zieht bedeu­ten­de wirt­schaft­li­che Konsequenzen mit sich. Längst sind nicht mehr nur jene Unternehmen betrof­fen, wel­che wesent­li­che Geschäftsbeziehungen ins Ausland unter­hal­ten. Spätestens seit dem 11. März 2020 hat sich die­ser Radius auf­grund von Maßnahmen der öster­rei­chi­schen Bundesregierung auch auf vie­le ande­re Unternehmen und Branchen aus­ge­dehnt. Für vie­le Unternehmen stellt sich nun die Frage, ob und in wel­cher Form, die Auswirkungen von COVID-19 in Abschlüssen zum 31. Dezember 2019 zu berück­sich­ti­gen sind.

Auswirkungen auf die Rechnungslegung zum 31. Dezember 2019

Es stellt sich pri­mär die Frage, ob die bis dato gewon­ne­nen Erkenntnisse über die bilan­zi­el­len Konsequenzen von COVID-19 —  wie etwai­ge Rückstellungserfordernisse oder ande­re Bewertungsfragen – bereits im Abschluss zum 31. Dezember 2019 zu berück­sich­ti­gen wären. Maßgeblich dafür ist gemäß AFRAC 16, ob die nach dem Abschlussstichtag gewon­ne­nen Informationen bes­se­re Erkenntnisse über die Verhältnisse zum Abschlussstichtag lie­fern („wert­auf­hel­lend“) oder ob es sich um Änderungen der Verhältnisse nach dem Abschlussstichtag („wert­be­grün­dend“) han­delt. Nach Auffassung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (vgl. IDW) vom 4. März 2020 stel­len die Auswirkungen der aktu­el­len Gesundheitskrise für Abschlüsse zum 31. Dezember 2019 wert­be­grün­den­de Ereignisse dar. Dies wird damit argu­men­tiert, das die ers­ten Fälle zwar bereits im Dezember 2019 bekannt gewor­den sind, die sprung­haf­te glo­ba­le Ausweitung und die damit ver­bun­de­nen schwe­ren wirt­schaft­li­chen Konsequenzen erst ab Jänner 2020 auf­ge­tre­ten sind. Sie sind dem­entspre­chend nicht in den Jahresabschlüssen zum 31. Dezember 2019 abzu­bil­den, da die Ursache für den bilan­zi­el­len Sachverhalt de fac­to erst nach dem Stichtag ein­ge­tre­ten ist.

Auswirkungen auf die Annahme zur Fortführung des Unternehmens („Going Concern“)

Davon unbe­rührt bleibt die Frage, ob nach § 201 Abs 2 Z 2 UGB von einer Fortführung des Unternehmens („going con­cern“) aus­zu­ge­hen ist. Dies ist dann anzu­neh­men, wenn der Prämisse kei­ne tat­säch­li­chen oder recht­li­chen Gründe ent­ge­gen­ste­hen. Eine Verschlechterung der Vermögens‑, Finanz- und Ertragslage nach dem Abschlussstichtag kann ein Hinweis dar­auf sein, dass über­prüft wer­den muss, ob die Aufstellung des Abschlusses unter der „Going Concern Prämisse“ noch ange­mes­sen ist (KFS/RL 28 Rz 13). Der Abschlussaufsteller hat die Beurteilung der Angemessenheit der Fortführungsannahme zum Zeitpunkt der Abschlussaufstellung vor­zu­neh­men und dabei alle ver­füg­ba­ren Informationen her­an­zu­zie­hen (KFS/RL 28 Rz 18). Es sind auch Ereignisse, wie bei­spiel­wei­se COVID-19 zu berück­sich­ti­gen, die erst nach dem Abschlussstichtag ein­ge­tre­ten sind. Der Beurteilungszeitraum soll­te zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag umfas­sen (KFS/RL 28 Rz 21).

Auswirkungen auf den Anhang zum 31. Dezember 2019

Zudem stellt sich die Frage, wel­che Angaben im Anhang zum Abschluss zum 31. Dezember 2019 not­wen­dig sind. Wertbegründende Ereignisse, wie die wirt­schaft­li­chen Auswirkungen von COVID-19, sind im Anhang der Jahres- und Konzernabschlüsse (gemäß § 238 Abs 1 Z 11 UGB  bzw. § 251 Abs 1 UGB ) anzu­ge­ben. Diese Angabepflicht besteht für alle mit­tel­gro­ßen und gro­ßen Gesellschaften. Daher sind die Art und die finan­zi­el­le Auswirkung der aktu­el­len Pandemie im Anhang näher zu beschrei­ben. Sofern kon­kre­te finan­zi­el­le Auswirkungen noch nicht ermit­tel­bar sind, ist dies anzugeben.

Auswirkungen auf den Lagebericht zum 31. Dezember 2019

Neben Angaben im Anhang sieht der Lagebericht gemäß § 243 Abs 1 UGB bzw § 265 Abs 1 UGB iVm § 245a Abs 1 UGB eine Berichterstattung über wesent­li­che Risiken und Ungewissheiten, denen das Unternehmen aus­ge­setzt ist, vor. Ferner ist im Lagebericht auf die vor­aus­sicht­li­che Entwicklung des Unternehmens ein­zu­ge­hen. Sofern die welt­wei­te Ausbreitung von COVID-19 für das Unternehmen Risiken birgt, wel­che sich nega­tiv auf die künf­ti­ge Entwicklung aus­wir­ken könn­ten, ist dies im Lagebericht zu erör­tern. Umsatzrückgänge, ange­ord­ne­te Betriebsschließungen oder Unsicherheiten in der Beschaffung von Rohstoffen könn­ten Beispiele für der­ar­ti­ge Risiken sein.
Ist der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2019 bereits auf­ge­stellt, bedarf es kei­ner Änderungen auf Basis neu gewon­ne­ner wesent­li­cher Umstände, da eine sol­che Verpflichtung gemäß AFRAC 16 nur im Zusammenhang mit wert­erhel­len­den, nicht aber im Hinblick auf wert­be­grün­den­de Ereignisse, besteht. Bedeutende Umstände, wel­che Zweifel an der Unternehmensfortführung zur Folge haben, sind davon aus­ge­nom­men und indi­vi­du­ell zu beurteilen.

Auswirkungen auf Abschlüsse nach dem 31. Dezember 2019

Bei Abschlüssen, deren Stichtage nach dem 31. Dezember 2019 lie­gen, wird indi­vi­du­ell zu beur­tei­len sein, ob die Auswirkungen von COVID-19 als wert­erhel­len­de Tatsachen im Abschluss zu berück­sich­ti­gen sind. Hier wird pri­mär die Geschäftstätigkeit, das Unternehmensumfeld sowie die Art der Kunden- und Lieferantenbeziehungen ent­schei­dend sein. Bezogen auf öster­rei­chi­sche Unternehmen, wel­che pri­mär im Inland tätig sind, wird eine Werterhellung daher idR jeden­falls auf Geschäftsjahre anzu­wen­den sein, die am oder nach dem 31. März 2020 enden. Für Unternehmen, wel­che eine inten­si­ve Bindung zum Ausland haben könn­te dies bereits auf Stichtage vor dem 31. März 2020 zutref­fend sein.

Auswirkungen auf Inventuren ab dem 31. März 2020

Aufgrund behörd­li­cher Betriebsschließungen besteht für Abschlüsse am oder nach dem 31. März 2020 zusätz­lich die Herausforderung, wie bzw wann die Inventur zu erfol­gen hat. Bei der Inventur am Ende eines Geschäftsjahres bedarf es gemäß § 192 Abs 2 UGB grund­sätz­lich einer kör­per­li­chen Bestandsaufnahme der Vermögensgegenstände. Das UGB sieht abwei­chend davon aber Alternativen vor, sofern durch Anwendung eines den Grundsätzen ord­nungs­mä­ßi­ger Buchführung ent­spre­chen­den ande­ren Verfahrens gesi­chert ist, dass der Bestand nach Art, Menge und Wert auch ohne kör­per­li­che Bestandsaufnahme für die­sen Zeitpunkt fest­ge­stellt wer­den kann. Da den behörd­li­chen Auflagen Folge zu leis­ten ist, emp­feh­len sich die nach­fol­gen­den Alternativen zur Stichtagsinventur. Es besteht gemäß § 192 Abs 3 Z 1 UGB die Möglichkeit, die Inventur in den ers­ten bei­den Monaten nach dem Schluss des Geschäftsjahres durch­zu­füh­ren, sofern auf Basis der ermit­tel­ten Bestände am Aufnahmestichtag eine wert­mä­ßi­ge Rückrechnung auf den Bilanzstichtag erfol­gen kann. Da noch nicht abseh­bar ist, bis wann sich die aktu­el­le Situation ent­span­nen wird, wür­de sich als wei­te­re Möglichkeit auch ein Rückrechnungsverfahren anbie­ten. Sofern gemäß § 192 Abs 3 Z 2 UGB durch Anwendung eines den Grundsätzen ord­nungs­ge­mä­ßer Buchführung ent­spre­chen­den Rückrechnungsverfahrens gesi­chert ist, dass der Bestand für den Schluss des Geschäftsjahres ord­nungs­ge­mäß bewer­tet wer­den kann, kann von einer Stichtagsinventur abge­gan­gen wer­den. Bei Unternehmen, wel­che von der behörd­li­chen Betriebsschließung betrof­fen sind bzw. bei Unternehmen, bei wel­chen aktu­ell kei­ne bedeu­ten­den Lagerbewegungen statt­fin­den, schei­nen die­se bei­den Methoden dafür geeig­net zu sein, von der Stichtagsinventur abzu­wei­chen. Sollte eine ord­nungs­ge­mä­ße Inventur trotz­dem nicht mög­lich sein, ist im Jahresabschluss dar­auf hinzuweisen. 

Künftige Entwicklungen

Da die wei­te­re Entwicklung und Auswirkungen noch nicht zur Gänze abseh­bar sind, ist eine ste­ti­ge Überprüfung der vor­han­de­nen Informationen sowie deren mög­li­chen Auswirkungen auf die Aufstellung des Jahresabschlusses und Lageberichts jeden­falls erfor­der­lich. AFRAC („Austrian Financial Reporting and Auditing Commitee“) hat am 16. März 2020 ange­kün­digt, eine Arbeitsgruppe ein­zu­set­zen, wel­che kurz­fris­tig wei­te­re ergän­zen­de Hinweise erar­bei­ten wird. Nach Vorliegen wei­te­rer Informationen wer­den wir unse­re Ersteinschätzung ent­spre­chend aktua­li­sie­ren. Quellenangaben ent­neh­men Sie bit­te dem PDF-Newsletter. Newsletter als PDF downloaden