Mit der Veröffentlichung des ers­ten Omnibus-Pakets am 26. Februar 2025 hat die EU-Kommission deut­li­che Signale für einen Bürokratieabbau bei der ESG-Berichterstattung gesetzt (Details in unse­rem Newsbeitrag vom 19. März 2025). Besonders Unternehmen der soge­nann­ten „zwei­ten Welle“ sehen sich durch die geplan­te Anhebung der Schwellenwerte und Verschiebung der Erstanwendung mit einer völ­lig neu­en Ausgangslage kon­fron­tiert. Während auf regu­la­to­ri­scher Ebene noch vie­le Fragen offen sind, rückt nun ein bis­her eher wenig beach­te­ter Standard in den Fokus: der VSME-Standard. Dieses frei­wil­li­ge Rahmenwerk für nicht bör­sen­no­tier­te KMU könn­te künf­tig eine tra­gen­de Rolle im ESG-Reporting spie­len – nicht nur als Antwort auf die ver­än­der­ten Vorgaben der CSRD, son­dern auch als stra­te­gi­sches Instrument zur Positionierung in der Lieferkette.

 

 

Grafik im Comic-Stil mit rotem und blauem Hintergrund, in der Mitte ein gelber Blitz mit dem Schriftzug
Porträt eines lächelnden Mannes mit dunklem, leicht welligem Haar und Bart. Er trägt einen dunkelblauen Anzug, ein weißes Hemd und eine rot gemusterte Krawatte. Der Hintergrund ist neutral grau.

Unser Experte Harald Goger:

Viele Unternehmen haben bereits erheb­li­che Vorarbeit für die CSRD geleis­tet – die­se Arbeit war kei­nes­wegs umsonst. Der modu­la­re Aufbau des VSME-Standards bie­tet nun die Chance, vor­han­de­ne ESG-Daten gezielt wei­ter­zu­ver­wen­den, um frei­wil­lig Transparenz zu schaf­fen, ope­ra­ti­ve Effizienz zu stei­gern und sich stra­te­gisch in der Lieferkette zu positionieren.

Wir infor­mie­ren Sie und beant­wor­ten ger­ne Ihre offe­nen Fragen!

Mag. Harald Goger, CISA
Geschäftsführer, Partner & Wirtschaftsprüfer

Der VSME-Standard wird auch direkt in der Omnibus-Direktive genannt, da die Möglichkeit zur Einholung von Informationen von Unternehmen aus der Wertschöpfungskette mit weni­ger als 1.000 Mitarbeitern auf die von den VSME-Standards vor­ge­ge­be­nen Informationen begrenzt wer­den soll. Der bis­her for­cier­te „Trickle-Down-Effekt“ wür­de dadurch deut­lich redu­ziert wer­den. Weiters ist die Verabschiedung eines dele­gier­ten Rechtsakts für Berichtsstandards zur frei­wil­li­gen Berichterstattung auf Grundlage des von der EFRAG ent­wi­ckel­ten VSME-Standards im Entwurf genannt.

Der VSME-Standard ist struk­tu­rell in zwei Hauptmodule unterteilt:

  • Basis-Modul („Basic“): Dieses Modul legt die grund­le­gen­den Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung fest und umfasst 11 Offenlegungspflichten.

Die wich­tigs­ten Offenlegungspflichten umfas­sen hier­bei ​umwelt­be­zo­ge­ne Angaben (zB Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen, Umweltverschmutzung, Auswirkungen auf die Biodiversität, Wasserverbrauch und Abfallmanagement), sozi­al­be­zo­ge­ne Angaben (zB all­ge­mei­ne Merkmale der Belegschaft, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Vergütung, kol­lek­ti­ve Vereinbarungen und Schulungen) sowie Governance-bezogene Angaben (zB Verurteilungen und Geldstrafen im Zusammenhang mit Korruption und Bestechung).

  • Umfassendes Modul („Comprehensive“): Dieses Modul baut auf dem Basis-Modul auf und ent­hält zusätz­li­che Offenlegungspflichten für Unternehmen, die detail­lier­te­re ESG-Informationen bereit­stel­len möch­ten. Es umfasst 9 wei­te­re Offenlegungspflichten, die unter ande­rem Risikobewertungen und spe­zi­fi­sche­re ESG-Daten betref­fen.
    Das umfas­sen­de Modul erwei­tert die­se Offenlegungspflichten um zusätz­li­che Informationen. Dies sind bei­spiels­wei­se Governance-Metriken (zB Umsätze aus bestimm­ten Sektoren und Ausschluss von EU-Referenzbenchmarks, Geschlechterdiversitätsquoten in Leitungsorganen), Umweltmetriken (zB Treibhausgasreduktionsziele und Klimatransition sowie Klimarisiken) und Sozialmetriken (zB zusätz­li­che Merkmale der Belegschaft, Menschenrechtspolitik und ‑pro­zes­se, schwer­wie­gen­de nega­ti­ve Vorfälle im Bereich der Menschenrechte)

Ein ers­ter Vergleich der CSRD sowie der VSME zeigt das fol­gen­de Bild:

 

Unabhängig davon rückt der bis­her eher unbe­ach­te­te VSME-Standard („Voluntary report­ing stan­dard for SMEs“) nun in den Vordergrund. Dieser wur­de von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) ent­wi­ckelt, um klei­nen und mitt­le­ren Unternehmen (KMU), die nicht unter die CSRD fal­len, ein frei­wil­li­ges Rahmenwerk für die Nachhaltigkeitsberichterstattung bereit­zu­stel­len. Dieses Rahmenwerk zielt dar­auf ab, KMU dabei zu unter­stüt­zen, ihre Nachhaltigkeitspraktiken zu stan­dar­di­sie­ren und zu ver­bes­sern, wodurch sie bes­ser auf Anforderungen von Geschäftspartnern wie Banken, Investoren oder grö­ße­ren Unternehmen reagie­ren können.

Kriterium CSRD VSME
Anwendungsanforderung Verbindlich für Unternehmen der Welle 1 bis 3 Freiwillig für nicht bör­sen­no­tier­te KMU
Zielgruppe Große Unternehmen (künf­tig wohl ab 1.000 MA, Mio€ 50 Umsatz, Mio€ 25 Bilanzsumme) und ab 2026 auch bör­sen­no­tier­te KMU Nicht bör­sen­no­tier­te KMU, die frei­wil­lig berich­ten möch­ten (zukünf­tig ver­mut­lich für „ehe­ma­li­ge“ Unternehmen der Welle 2 relevant)
Berichtsumfang Umfassend, detail­lier­te Nachhaltigkeitsinformationen über ESG-Themen Reduzierter Umfang, mit Basis- und umfas­sen­dem Modul
Wesentlichkeitsprinzip Doppelte Wesentlichkeit: Unternehmen müs­sen berich­ten, wie sie betrof­fen sind & wel­che Auswirkungen sie haben Einseitige Wesentlichkeit: Unternehmen ent­schei­den selbst, was rele­vant ist
Prüfungspflicht Ja, exter­ne Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts erforderlich Nein, kei­ne Prüfpflicht
Berichtsformat Muss im Lagebericht des Unternehmens inte­griert sein Kann eigen­stän­dig oder als Teil ande­rer Berichte ver­öf­fent­licht werden
Datenanforderungen Detaillierte ESG-Daten (z. B. Scope 1–3 CO₂-Emissionen, Biodiversität, sozia­le Indikatoren) Vereinfachte ESG-Kennzahlen (z. B. Energieverbrauch, CO₂-Emissionen Scope 1 & 2, Arbeitsbedingungen)
Umsetzungsaufwand Hoch, mit detail­lier­ten Berichtsanforderungen Gering bis mit­tel, da fle­xi­bler und skalierbar
Prüfungsaufwand Hoch, da exter­ne Verifizierung not­wen­dig ist Niedrig, da kei­ne Prüfung erfor­der­lich ist

 

Voraussichtlich wird die ers­te Entscheidung bezüg­lich der Verlängerung der Ersterstellungspflicht für Unternehmen der Welle 2 und 3 um die genann­ten zwei Jahre in den nächs­ten Wochen fal­len. Die übri­gen in Diskussion ste­hen­den Anpassungen wer­den wohl einen län­ge­ren Diskussionsprozess mit sich brin­gen und daher wohl erst in den kom­men­den Monaten bzw Jahren final beschlos­sen wer­den. Ebenfalls offen ist, wie die dar­auf auf­set­zen­de gesetz­li­che Umsetzung in Österreich erfol­gen wird.

Faktum ist, es bleibt span­nend und es gilt abzu­war­ten, wel­che Route der „EU-Omnibusses“ letzt­end­lich neh­men wird. Wir hal­ten Sie am Laufenden!